
Die drei Initiator*innen der Schulstraßen-Petition © Ute Wörner
Schulstrassen-Petition erfolgreich - wird das Land handeln?
Die Mitte Januar beim Land Schleswig-Holstein eingereichte Petition „Kinder schützen – Schulstraßen für Schleswig-Holstein“ hat das Quorum erreicht. Nun ist das Land am Zug.
Morgen für Morgen kommt es an der Friedrich-Ebert-Grundschule in Preetz zu schwierigen Verkehrssituationen. Viel zu viele sogenannte Elterntaxis fahren in kurzer Zeit in die kleine Anliegerstraße, in der sich der Haupteingang der Schule befindet. Während das eigene Kind gut geschützt bis vor den Eingang der Schule gefahren wird, werden andere Kinder, die selbständig zu Fuß, mit dem Roller oder dem Fahrrad ankommen, durch die unübersichtliche Straßensituation massiv gefährdet.
Antje Seebens-Hoyer und Simone Treplin wollten das als betroffene Mütter nicht mehr hinnehmen und haben die Elterninitiative Kidical Mass Preetz gegründet. Gemeinsam mit der ADFC-Kreisgruppe Plön und der NABU-Gruppe Preetz-Probstei setzen sie sich seit 2022 für eine Lösung der Verkehrsprobleme an der Grundschule ein. Nach der ersten erfolgreichen Aktion bekamen sie Unterstützung von der Schulleitung und aus dem Preetzer Rathaus. Es wurde gehandelt, aber mit mäßigem Erfolg. „Wir haben viel versucht: Unzählige Appelle an die Eltern, Einrichtung von Elternhaltestellen, Verlegung der Buslinie, Halteverbotsbereiche, Poller und Markierungen. All das hat die Situation verbessert, das Hauptproblem hat es aber nicht gelöst“, berichtet Antje Seebens-Hoyer, Initiatorin der Kidical Mass in Preetz und Vorsitzende der NABU-Gruppe Preetz-Probstei. „Die Schulstraßenaktion, also die Sperrung der Straße für Elterntaxis im Rahmen angemeldeter Demonstrationen zu Hol- und Bringzeiten, die wir seit 2022 jedes Jahr für eine Woche durchführen, hat das Problem dagegen sofort behoben“, erläutert Simone Treplin von der Elterninitiative Kidical Mass.
Aufgrund der guten Erfahrungen bei den Schulstraßen-Aktionen wurden sich die drei mit der Schulleitung, der Stadtverwaltung und der Lokalpolitik einig, dass dauerhaft eine Schulstraße eingerichtet werden sollte. Der in Preetz wohnende stellvertretende ADFC-Landesvorsitzende Henning von Schöning hatte die Kidical-Mass-Initiative von Anfang an unterstützt und war an Gesprächen im Preetzer Rathaus beteiligt. Er resümiert: „Wir waren uns einig, dass eine zeitweise Sperrung der Wohnstraße für Elterntaxis erfolgen sollte.
Aber das deutsche Straßenverkehrsrecht kennt den Rechtsbegriff „Schulstraße“ nicht. Daher stellte eine Sperrung nur für die Elterntaxis, nicht aber für die Autos der Lehrkräfte und der Anwohnenden ein juristisches Problem dar.“ Die drei waren sich einig: „Auf kommunaler Ebene kommen wir nicht weiter. Wir reichen eine Petition beim Landtag von Schleswig-Holstein ein.“ Gefordert wird darin ein Erlass, der die unkomplizierte, regelhafte Einrichtung von Schulstraßen ermöglicht. Außerdem werden eine Kommunikationskampagne, sichere und überdachte Fahrrad- und Roller-Abstellmöglichkeiten an den Schulen und eine Bundesratsinitiative Schleswig-Holsteins für bundesweite Schulstraßen angeregt. „Nicht nur die Stadt Preetz, auch die zuständige Verkehrsbehörde im Kreis Plön sieht eine Klarstellung durch einen Erlass als erforderlich”, erklärt von Schöning die Frage, warum Gemeinden sich teilweise scheuen, eigenständig Schulstraßen anzuordnen.
Am 21.Januar ging die Petition auf dem Webauftritt des schleswig-holsteinischen Landtags online. Von da an war sechs Wochen Zeit zum Sammeln von Unterstützungsbekundungen. Für die Bekanntmachung mussten die Initiator*innen selber sorgen, und sie fanden dabei viel Unterstützung, nämlich in unzähligen Eltern-Chatgruppen. Zudem haben der ADFC, der NABU und der VCD per Rundmail ihre Mitgliederverteiler bedient. Nach sechs Wochen, am 4.März, waren es mehr als 2600 Mitzeichnungen. “Dass die Petition das Quorum so schnell erreicht hat, zeigt, dass das Thema vielen Schleswig-Holsteiner*innen wichtig ist”, ordnet Henning von Schöning das Ergebnis der Petition ein.
Am 16. April gab das Ministerium dann ein Informationsschreiben an die Landrät*innen, Bürgermeister*innen und Straßenverkehrsbehörden des Landes heraus, in dem erklärt wird, wie und unter welchen Voraussetzungen Schulstraßen in Schleswig-Holstein eingerichtet werden können, das mit diesen Worten beginnt: „In den vergangenen Monaten wurden an das MWVATT vermehrt Fragen bezüglich der rechtssicheren Einrichtung von sogenannten Schulstraßen herangetragen.“ In dem Schreiben finden sich handfeste Informationen darüber, wie sich eine Schulstraße einrichten lässt. Schulstraßen soll es nur dort geben dürfen, wo die Straße nicht für den Durchgangsverkehr erforderlich ist. Zudem soll geprüft werden, ob sich durch die Einrichtung einer Schulstraße der Elterntaxi-Verkehr möglicherweise dorthin verlagern könnte, wo er auch oder vielleicht sogar noch größere Probleme verursachen könnte. Ferner sollte rechtzeitig die Anwohnerschaft in die Planungen einbezogen werden und die zeitweise Sperrung für den Kraftfahrzeugverkehr zunächst versuchsweise für einige Monate erfolgen. In dieser Zeit sollen Veränderungen der Verkehrsströme und ihre Auswirkungen beobachtet werden. Infolgedessen werden die Maßnahmen aus dem Verkehrsversuch entweder verstetigt, nachgebessert oder abgebrochen. Ob es nun weiter zu einer Anhörung
durch den Petitionsausschuss kommt, wird derzeit noch durch selbigen beraten (Stand: 23. April 2025). Wenn der Petitionsausschuss zu dem Ergebnis kommt, das Anliegen sei berechtigt, kann er dem Ministerium zum Beispiel Änderungen,
Aufhebungen oder den Erlass von Behördenentscheidungen empfehlen.
Antje Seebens-Hoyer, Simone Treplin und Henning von Schöning sind sich zumindest einig, dass das Informationsschreiben trotz einiger restriktiver Formulierungen einen großen Fortschritt darstellt. “Der Einrichtung einer Schulstraße vor dem Haupteingang der Friedrich-Ebert-Grundschule in Preetz dürfte damit juris-tisch nichts mehr im Wege stehen”, freut sich Henning von Schöning über die neuesten Entwicklungen.